LSR - LandesSportReferent, LandesSchülerRat, LeipzigerSegelRegatte,…..???

In unserem Sprachgebrauch sind bekanntlich Abkürzungen häufig anzutreffen. das war schon immer so und wird auch weiterhin so bleiben, nehme ich an. Wir Deutschen neigen dazu, diverse, manchmal eigenwillige Wortzusammensetzungen zu verkürzen. Oftmals entsteht sogar ein „Code“, den dann nur „Wissende“ zu Entziffern in der Lage sind. Das scheint uns zu gefallen…

So gab es BTFW   (bevor the fall of the Berlin Wall) :-)Abkürzungen nicht nur bei Parteien (SED) und Organisationen und Vereinen (FDGB, DSF, KB, JP, FDJ, NVA) und allgemeine Abkürzungen (VEB, NSW) sondern auch bei Alltagsgegenständen Kurzfassungen. Erinnern wir uns nur an die begehrte K140 (Kaffeemaschine) oder den RG28 (Rührgerät). Dazu kamen noch Abkürzungen voller Ideenreichtum und Tiefgang ;-): Dederon – Das Nylon der DDR. Der Handelsname Dederon, eine Wortschöpfung aus »DDR« und der Silbe »on«, wurde ab 1959 als Bezeichnung für die Polyamidfaser genutzt. Ok, muss man wissen…

Auch wenn keine direkte Abkürzung ist, sei hier in diesem Zusammenhang auch, da so eigenwillig, die Bezeichnung „Präsent 20“ erwähnt:

Aus dem Stoff, den man in der noch jungen DDR entwickelte, ein Kunstfasermaterial aus 100% Polyester, wurde Kleidung, Stuhlbezüge, Tischdecken und Vorhänge hergestellt. Nicht undenkbar das Man(n) sich in feinem Zwirn unauffällig vor den Übergardinen positionieren konnte, war dieser ja aus gleichem Material. Zur Produktion des Wettbererbsproduktes zum östlichen Trevira wurde das VEB Textilkombinat Cottbus errichtet. Erich Honecker persönlich weihte es am  29. September 1969 ein. Und der Name? Ganz einfach. Zum 20. Geburtstag der Republik im Jahre 1969 wollte die DDR ihren Bürger einen innovativen Stoff präsentieren.

Die daraus produzierte Kleidung war knitterfrei, pflegeleicht und strapazierfähig. Nachteil, Knitterfreiheit ging einher mit etwas Steifigkeit. Auch andere Eigenschaften machten das Präsent der Staatsführung nicht sonderlich beliebt. So mancher kann sich noch an die Kleidung erinnern, die einem schon mal den Schweiß auf die Stirn trieb (Sicher lag es nicht am Preis) oder beim Abschlußtanz schon mal den Funken überspringen ließ.

Aber auch ATFW   (after the fall of the Berlin Wall) :-) gab und gibt es kurze Buchstabenkombinationen: Bafög, TÜV, ASU, EStG. Und zudem entwickelt sich mit den Jahren und Epochen gefährliches Missdeutungspotential.

Ein paar Beispiele:

ABV (Abschnittsbevollmächtigter) vs AZV (Abwasserzweckverband)

BND (Bundesnachrichtendienst) vs  BDM (Bund Deutscher Mädels)

NSW (NichtSozialistischesWirtschaftsgebiet) vs NRW (NordRheinWestfalen)

In manchen Fällen entsteht auch aus der vermeintlichen Abkürzung für eine undeutbare Buchstabenkombination, die aussieht als sei deren Entstehung auf einen catwalk der Hauskatze über die Tastatur zurückzuführen. Beispiel gefällig: 

BDGBIBBBMinBFAnO 18 Buchstaben! Es ist die fragwürdige Abkürzung für „Anordnung zur Durchführung des Bundesdisziplinargesetzes bei dem bundesunmittelbaren Bundesinstitut für Berufsbildung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung".

Das ist fast so klasse wie mein Lieblingsbezeichnung: Interessengemeinschaft düsenstrahlgetriebener Kampfflugzeuge. Diese Bezeichnung habe ich bei einem Nachrichtenbeitrag im Fernsehen aufgeschnappt, wo ein Fachmann eben dieser IG kommentiert hat und diese Bezeichnung eingeblendet wurde. Der Kommentar war fast vorbei, da war ich erst fertig mit lesen. Gut das es 16:9 Fernseher gibt, sonst wäre es wohl ein Laufband nötig gewesen.

Ich hab‘s doch gesagt, wir Deutschen stehen solche Bezeichnungen, und Megaworte:

Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz. . Allein das dritte Wort hat 63 Buchstaben, wohl das längste Hauptwort der deutschen Sprache.

Wie nicht anders zu erwarten, ist die stärkste Population solcher Wortwürmer im Amtsdeutsch und der Rechtssprache zu finden:

"Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaftsgesetz" (53 Buchstaben); "Vermögenszuordnungszuständigkeitsübertragungsverordnung" (55 Buchstaben).

Ich hab zu meiner Verwunderung doch noch einen entdeckt. An einer Schule in Leipzig Lindenthal ist er noch sichtbar, ein heller, weißer Schriftzug mit historisch, dunklem Hintergrund. Früher konnte man die drei Buchstaben noch öfters sehen, an noch unsanierten Häusern, an grauen Mauern, an ruinösen Fassadenresten. LSR für viele junge Menschen heute eine unbekannte Abkürzung. Für viele „Alte“ dagegen eine Markierung im öffentlichen Raum, die Unruhe, gar Gänsehaut erzeugt. Warum? 

Vor langer Zeit (Ich bin über 50 ;-) bekam ich auf meine kindliche Frage von meiner, im Leipziger Süden wohnenden Oma die Erläuterung: LSR bedeutet Luftschutzraum und man kennzeichnete mit dieser Abkürzung das Vorhandensein eines solchen Schutzraumes. Mancherorts  verweist zudem ein Pfeil als Richtungshinweis auf dessen unmittelbaren Eingang. Meist in einem besonders geeignet erscheinenden, stabilen, „sicheren“ Keller eines Wohnhauses. Im Krieg, so erzählte Sie weiter, war es ausgesprochen wichtig, ja lebens- besser überlebenswichtig, zu wissen wo sich am momentanen Aufenthaltsort eine solchartige Unterkunft befindet. Sei es in der Nähe der heimischen Wohnung, beim Restaurant-, Kino- oder Theaterbesuch. Man schaute sich sicherheitshalber vorher schon mal um, bevor man in die Oper ging, erzählte Sie.