Mit Nadel und Faden, mit Stopfpilz, Sternzwirn und Fingerhut.

Objekte aus einer Zeit als die geschickte Hausfrau noch mit Stopfpilz zugange war und die guten weißen Lagen zum Bleichen in den Hof gehangen oder auf die Wiese gelegt und dann zum Glätten zur Mangel verbracht wurden. Aus dieser Zeit ist diese kleine Zusammenstellung von Nähutensilien.  Einfache Verbrauchs- und Alltagsgegenstände. Und doch teilweise sehr schmuckvoll....

Wäscheknöpfe dieser Art sind mir noch gut von den Bettbezügen meiner Oma bekannt. Mit der Zeit wurden Sie durch Waschen und Mangeln brüchig und manchmal hingen sie dann eben nur noch halbiert am feinen Stoff. Dann mussten sie erneuert werden. Via Handarbeit mit Nadel, Faden und Fingerhut. Diese kleinen fingerschützenden Helferlein hatte Oma gefühlt zu Hauf. Vermutlich waren diese zur damaligen Zeit ein weit verbreitetes Werbegeschenk namhafter Garnhersteller. Ebenso wie die kleinen, runden Handspiegel. Scheinbar hatte Oma stets nach dem Besten gegriffen, denn die Beschriftungen beinhalten meist Attribute wie „Weltmarke“, „Qualitäts…“. Eigentlich konnte Sie auch nicht anders. Beschwörend gar die Worte:  „Hausfrauen achtet beim Einkaufen….“ 

 

Verwundert hat mich schon als Kind die kleine, als Reisekoffer gestaltete Nadelzusammenstellung inklusive Einfädelhilfe. Ein Produkt der DDR, wie die Preisangabe EVP verrät. Also eigentlich noch gar nicht so alt. Verblüffend jedoch, das auf der Kofferabbildung aus Pappe Souvenirsticker von u.a. London, New York, Paris, Wien zu sehen sind. Na, da konnte aber mal die heimische Näherin im sozialistischen Vaterland beim Sockenstopfen so richtig von der ihr verwehrten weiten Welt träumen….:-) 

Ich habe in meinem Sammelsurium an Utensilien neben dem Stopftwist aus Viscose und dem besagten Stopfpilz noch etwas gefunden, was eine Vielzahl von Erinnerungen in mir wachwerden lässt. Eine original Papiertütenverpackung inklusive Inhalt einer Rundstricknadel. Obwohl ein DDR Fabrikat, erscheint die lobende Werbung aus noch früheren Zeiten entnommen: „…besonders schmiegsam und maschengleitend. Angenehm im Gebrauch.“ Irgendwie scheinen solche wohlwollenden Beschreibungen in der Werbung bei dieser Art Konsumgüterproduktion Bestand gehabt zu haben. Es gab die Nadelpaare in den unterschiedlichsten Größen. 

 

Für mich sind diese Dinger, mit der meine Mutti quasi Gott gleich umging, fester Bestandteil meiner Kindheitserinnerung. Es hat sich ein Bild manifestiert, welches ich noch in besonderer Deutlichkeit abzurufen vermag: Meine Eltern im ehelichen Doppelbett. Vater löst Kreuzworträtsel und fragt sporadisch Mutti nach Lösungsideen. Sie lässt dabei neben ihm nicht etwa die Puppen, sondern besagte Rundstricknadeln tanzen. Mit atemberaubender Fingerfertigkeit entsteht Reihe um Reihe an Maschen und lässt Pullover, Mützen und zu dieser Zeit sogar Strickhosen entstehen. Zum markanten Nadelgeklapper, beinahe kann ich es noch heute vernehmen wenn ich die Augen schließe, tanzt ein Wollknäuel auf der Bettdecke. Zwei links, zwei rechts, zwei fallenlassen. Ich habe es zugegeben mehrfach versucht, es aber nie hinbekommen. Stricken war nicht meine Baustelle.

 

 

Wir waren zur damaligen Zeit sicherlich auch modebedingt eine „Strickwaren-Gang“. Eingestrickt von Kopf bis Fuß. Nicht nur ich, Mutti im Maschen-Zweiteiler und selbst Vati in kurzer Strichhose (im Partnerlook mit Sohnemann) im Ostseeurlaub. Beweisfotos gefällig….Bitte gern. Ich entschuldige mich für die schlechte Qualität. Bemerkenswerter Weise, Farbfotoabzüge zu dieser Zeit.

 

PS.: Gründe für offensichtlich trotzige Gemütszustand sind nicht überliefert. Am Strick-Look wird es nicht gelegen haben, ich kam damals damit klar. 

Stricken war nicht mein Ding, da hatte ich ja schon verraten. An Häkeln habe ich mich dagegen mit respektablen Erfolg versucht. Gab ja schließlich den „KleinenFerien-Häkelkurs“. Häkel-Autodidakt sozusagen, ohne Nähkurs und Handarbeitszirkel. Denn für Jungs in der DDR gab es Werken und später Zivilverteidigung, um sie vermeintlich für das spätere Leben vorzubereiten. Obwohl, wenn ich es mir richtig überlege, wer nach Handbuch aus einem Damenstrumpf ein Ersatzkeilriemen für den Trabant fertigen konnte, und im Notfall aus gleichem Strumpf und Zellstoff eine Interims-Atemschutzmaske zu basteln vermochte, hätte sich sicher auch eine Gasmaske häkeln können. 

Wie der „Original Recordia Zickzack Rändel-Apparat“ in meinen Besitz gekommen ist, kann ich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Ein „Erbstück“ von einer der Omas oder Ergebnis eines Flohmarktbesuchs. Ich weiß es nicht mehr. Hier könnte zutreffen, das ich manchmal einfach Dinge erworben habe, weil ich sie interessant und/oder schön fand. Schon die Umverpackung ist recht schmuckvoll. Obwohl ein seitlicher Aufdruck „Made in GDR“ verrät, das es sich um ein DDR Produkt neueren Datums handelt, ist die Gestaltung doch recht retro. Selbst eine mehrseitige Gebrauchsanweisung liegt der Packung bei. Leider ist der Apparat nicht mehr vollständig, so kann ich die mechanische Funktionalität nicht erproben. Schade.