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Wasser Marsch! (Teil 1)

Handschwengelpumpen in Leipzigs Straßen. Neben dem bekannten Löwenbrunnen auf dem Naschmarkt, dessen beide Flügel eigentlich auch als Handschwengelpumpen konstruiert sind, existieren im Stadtgebiet Leipzigs noch zahlreiche Zeugnisse des einstigen Stadtmobiliars, die gusseisernen Handschwengelpumpen.

Fotos: Norbert Lotz 26.04.2023

Früher, als man noch durch wildes Land streifte, um einen geeigneten Siedlungsfleck zu finden, war das Vorhandensein von Wasser das wohl wichtigste Entscheidungskriterium, ob man sich an dieser oder besser jener Stelle niederlassen sollte. Leipzig, einst von einem feingliedrigen Netz von Flüssen und Flüßchen durchzogen, bot dahingehend günstige Bedingungen. Später, im Mittelalter, als man sich nicht mehr nur in unmittelbarer Umgebung der wasserspendenden Flüsse ansiedeln konnte, plätscherte das lebenswichtige Naß von einer entfernt liegenden Quelle durch Holzrohre in einen sog. Röhrenbrunnen oder stand in einem mehr oder weniger tiefen Brunnenschacht eines Schöpf- oder Ziehbrunnens. Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelte man die ersten Pumpen. Der ursprünglich offene, Gefahren in sich bergende, Brunnenschacht oder der ebenfalls offene Wasserkasten des Röhrenbrunnens wurde nun durch das darüber stehende Pumpengehäuse geschützt. Die Pumpengehäuse waren damals hölzern, das Pumpengestänge teilweise aus Kupfer. Lederscheiben dienten als Ventile. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ersetzte man die hölzernen Pumpen durch gußeiserne. Neue Brunnenbohrungen kamen hinzu, so daß es um die Jahrhundertwende in Leipzig 282 öffentliche Handschwengelpumpen gab. 

Foto: Norbert Lotz 11.10.1994
Foto: Norbert Lotz 11.10.1994

Dieses Netz der Wasserversorgung ist natürlich in den letzten Jahrzehnten stark ausgedünnt worden. 

Fragmente einstiger Handschwengelpumpen gibt es viele. So wird die Recherche nach historischen Brunnengehäusen in Leipzigs Straßen wahrlich zur Spurensuche. Besonders in den Vororten ragen an einigen Straßenecken nur noch Rohre oder vom Rost zernagte Stümpfe eines Pumpengehäuses aus dem Boden. Geben oftmals nur unweit des Bordsteins in den Granit eingearbeitete, kreisförmige und ovale Vertiefungen dem phantasievollen Passanten einen Hinweis auf denen ehemaligen Standort. (Foto Brunnenindiz in der Ritterstraße) 

Es sind aber auch komplette Pumpenanlagen zu entdecken. Erfreulicherweise wurden ca 30 Pumpen restauriert. Der aufmerksame Passant findet Sie im Innenstadtbereich in den unterschiedlichsten Ausführungen, manchmal sogar nur einen Steinwurf entfernt.

Selbst bei diesen doch eher funktionalen Zwecken gerecht werdenden Einrichtungen entschloß man sich in Leipzig für eine kunstvolle Gestaltung mit zum Teil sehr aufwendigen Verzierungen. Besondere, durch die Ent- stehungszeit geprägte Schmuckelemente der Gehäuse und charakteristische Merkmale der Pumpen nutzt man heute, um die im Laufe der Jahrzehnte entstandenen unterschiedlichen Handschwengelpumpen in fünf verschiedene Typen einzuteilen. Dabei gab man den Pumpen zum Teil eigenwillige Bezeichnungen: Die go- tische Pumpe, die Vogelkäfig- und die Delphinpumpe, die Pumpe mit dem großen oder die Pumpe mit dem kleinen Löwen. 

Quelle: Wikipedia
Quelle: Wikipedia

-Typ Delphin-

Einst war der Typ „Delphin“ der verbreitetste der Pumpentypen. Als man in den 80/90er Jahren mit der Restaurierung der Pumpen begann war leider kein Originaexemplar mehr vorhanden, so das man nach Originalzeichnungen neu fertigen mußte. Im Ursprungszustand war der Delphin aus Blech, bei den restaurierten Pumpen wurde er in Bronzeguss ausgeführt.

 

Nachdem sie vereinzelt fast nur noch fragmentarisch vorhanden waren, bereichern nun auch wieder Delphinpumpen an einigen Stellen Leipzigs Straßen und Plätze. So sind zum Beispiel in der Lortzingstraße und auf dem Marienplatz zwei sehr schöne restaurierte Pumpen dieser Art zu bewundern. Besonderes schmuckvolles Element ist der Bronzeaufsatz des Brunnengehäuses, der durch einen Del phin, einen Dreizack umschlingend, bekrönt wird. 

Pumpe in der Katharinenstraße

Fotos: Norbert Lotz  16.01.2023

Pumpe Marienplatz, Seite Lange Straße (Zustand 1994)

Fotos: Norbert Lotz 10/1994

Pumpe Marienplatz, Seite Lange Straße (Zustand 2023)

Fotos: Norbert Lotz 03.07.2023

Pumpe in der Schenkendorfstraße

Foto: Norbert Lotz  10/1994
Foto: Norbert Lotz 10/1994

Vom Rost zernagt, der Schwengel ge fährlich an nur noch einer Schraube baumelnd, siecht dagegen in der Schenkendorfstraße eine unbekrönte Delphinpumpe dahin. 

Pumpe Dessauer / Ecke Wittenberger Straße

Fotos: Norbert Lotz 02.06.2023

Pumpe Berliner Straße / Ecke Hohmannstraße

Fotos: Norbert Lotz 02.06.2023

Handschwengelpumpe  Michael-Kazmierczak-Straße (Nr. 199)

Fotos: Norbert Lotz 15.09.2023

Manchmal ist es nicht leicht, die Handschwengelpumpe zu entdecken oder ein paar schöne Fotos zu machen. Sie stehen ja meist am Rande des Gehweges in Bordsteinkantennähe. Parkende Autos sind manchmal aber das kleinere Übel...

Foto: Norbert Lotz 15.09.2023
Foto: Norbert Lotz 15.09.2023

Handschwengelpumpe Michael-Kazmierczak-/Ecklage Adolf-Menzel-Straße (Nr. 201)

Fotos: Norbert Lotz 15.09.2023

Handschwengelpumpe Windorfer Straße / Ecke Schwarzestraße

Fotos: Norbert Lotz 03.11.2023


-Typ Gotik-

Diese schmuckvolle Pumpengestaltung wird auch mit "neugotisch" bezeichnet. Die Pumpe weist einen achteckigen Querschnitt auf, der mit zahlreichen gusseisernen Dekorteilen geschmückt ist. Der Zinnenkranz als Haube war ehemals aus Zinkblech gefertigt. Die älteste Datierung einer Zeichnung dieses Gestaltungstypes bezieht sich auf das Jahr 1877. Der  Urheber dieses Entwurfes ist ungekannt. 

Pumpe Neumarkt / Ecke Grimmaische Straße

Fotos: Norbert Lotz  16.01.2023

Pumpe Brühl / Ecke Katharinenstrasse

Fotos: Norbert Lotz  16.01.2023

Eine der ältesten Leipziger Pumpen, eine mit neugotischer Ornamentik verzierte Pumpe, stand in der Burgstraße vor dem "Thüringer Hof." Dort stand Sie bis 1984. Im diesem Jahr wurde das dortige Exemplar der ältesten gußeisernen Pumpe demontiert und an gleicher Stelle eine restaurierte Vogelkäfigpumpe aufgestellt. Diese wiederum wurde dann im Zuge der Restaurierung des Thüringer Hofes wieder gegen die ursprüngliche, nun restaurierte Pumpe ausgetauscht. 

 

Pumpe Burgstraße / vor dem Thüringer Hof

Fotos: Norbert Lotz     26.04.2023

 

 

Die Handschwengelpumpe vor dem "Thüringer Hof"  auf einer historischen Ansicht, Blick entlang der Burgstraße Richtung Thomaskirche, ca. 1927.

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Hennig, Leipzig; aus "Sachsen im Bilde", Verlag Oscar Laube Dresden

Pumpe Waldstraße / Zwischen Fregestraße und Feuerbachstraße

Zum Zeitpunkt der Aufnahmen laufen in der Waldstraße umfangreiche Straßensanierungsarbeiten. Die Pumpe wurde vorbildlich vor Beschädigung geschützt. 

Fotos: Norbert Lotz     02.06.2023

Pumpe Pfaffendorfer Straße / Ernst-Pinkert-Straße

Fotos: Norbert Lotz     10.07.2023

Pumpe Schützenstraße / Ecke Querstraße

Fotos: Norbert Lotz     11.09.2023

Anmerkung: Zudem schön anzusehen ist das markante Eckgebäude Wohnhaus Schützenstraße 8/10 hinter der Handschwengelpumpe mit schönen Schmuckelementen des Historismus und sehenswerten gusseisernen Pfeilern an der Ladenfront. 


-Typ Kleiner Löwe-

Diese Gestaltung war der Siegerentwurf eines Wettbewerbs von 1908 an dem der städtische Kunstverein und der Dürerbund beteiligt waren. Leider ist der name des Künstlers nicht mehr bekannt.

 

Auf einem Achtzigen Fuss erhebt sich ein runder Pumpenschaft auf dem sich ein Aufbau mit vier Türmchen befindet. Auf diesen Türmchen thront ein Löwe der sich auf einem Schild mit dem Leipziger Stadtwappen stützt. Bei den Originalpumpen war der Aufbau aus Blech, bei der Restauration wurde er dann als Gussteil gefertigt. Ebenfalls eine Löwenkopfdarstellung zeigt sich am Pumpenauslauf. 

Pumpe Universitätsstraße Höhe Städtisches Kaufhaus

Fotos: Norbert Lotz  16.01.2023

Pumpe Kohlgarten / Reudnitzer Straße

Foto: Norbert Lotz 10/1994
Foto: Norbert Lotz 10/1994

Im Oktober 1994 entdeckte ich in der Kohlgartenstraße, Ecke Reudnitzer Straße diesen Stumpf einer Handschwengelpumpe. Entsprechend der Gestaltung des Sockels müsste es eine Pumpe Typ Kleiner Löwe gewesen sein.

Pumpe Georg-Schumann-Straße/Seelenbinderstraße

Fotos: Norbert Lotz  28.07.2023

Foto: Norbert Lotz  28.07.2023
Foto: Norbert Lotz 28.07.2023

 

 

 

Diese sehr gut erhaltene Handschwengelpumpe vom Typ Kleiner Löwe wurde 2013 restauriert. Verschiedene Kostenträger waren daran beteiligt. Ein Verweis auf diese findet man auf den Kanaldeckel neben der Pumpe.

Foto: Norbert Lotz 07.08.2023
Foto: Norbert Lotz 07.08.2023

 

 

Der jetzige Standort der Pumpe (Hygenstraße 3) ist nicht der ursprüngliche Standort der Pumpe. Die Pumpe wurde nach der Restaurierung 2013 vom ursprünglichen Standort (Ecke kleine Parkanlage Hygenstraße) hierher versetzt. Am einstigen Standort ist noch der Brunnenschacht mit einer Abdeckplatte zu sehen.

Nur noch zu erahnen... ehemaliger Pumpenstandort Daumier-/Ecklage Virchowstraße

In der Denkmalsliste Leipzigs ist die ehemalige Handschwengelpumpe Nr. 215 Typ Kleiner Löwe noch als vorhandener Torso aufgeführt.

Die im Denkmalsdokument gezeigten Fotos von 1997 und 2014 zeigen schon eine erhebliche Reduzierung der vorhandenen Reste....

Foto: Norbert Lotz 28.03.2011
Foto: Norbert Lotz 28.03.2011

 

Im März 2011 war am Straßenrand noch ein kleiner Stumpf des ehemaligen Pumpenkörpers vorhanden, den ich im Bild festhalten konnte.... 

 

...Nun (19.09.2023) ist am ehemaligen Standort der Handschwengelpumpe der Rest gänzlich verschwunden. Nur noch eine kleine Abdeckplatte im Gehwegbereich nähe Bordsteinkante läßt, so denke ich, erahnen, wo einst die Pumpe stand.


Ob es sich hier tatsächlich um eine Pumpe der Art -Kleiner Löwe- handelt, kann ich nur vermuten. In der Liste der als Kulturdenkmale erfassten Handschwengelpumpen in Leipzig wir sie mit -Typ- K bezeichnet, jedoch bleibt der -Typ K- unerklärt. Zumindest könnten es teile einer Pumpe Typ -Kleiner Löwe- sein (Ausfluss).

Pumpenfragment? Alte Salzstraße / Ecke Thüringer Straße

Fotos: Norbert Lotz 11.08.2023


-Typ Vogelkäfig/Spatzenbrunnen-

Bei diesem Gestaltungstyp erhebt sich auf einem glockenförmigen Sockel ein runder Schaft der am oberen Ende mit einem käfigartigen Abschluss versehen ist. Daher die erste Namensgebung. Auf diesem Käfig sitzt ein kleiner, als Spatz interpretierter Vogel, der Grund für die zweite Namensgebung ist. 

 

1910 war dieser Entwurf von Bruno Wollstädter Sieger eines vom Rat der Stadt initiierten Wettbewerbes. Der Pumpenkörper ist mit plastisch gestalteten Quadraten verziert, der Schwengel ist schlicht gehalten. 

Pumpe Magazingasse

Fotos: Norbert Lotz  16.01.2023

Im Oktober 1994 sah die Pumpe in der Magazingasse noch so aus. U.a. fehlte der Vogel.

Foto: Norbert Lotz  10/1994
Foto: Norbert Lotz 10/1994

Zustand der Pumpe 04/2023

Foto: Norbert Lotz  26.04.2023
Foto: Norbert Lotz 26.04.2023

Hier gab es offensichtlich vor Kurzem eine neue Halteverbindung für den Pumpenschwengel.

Foto: Norbert Lotz  26.04.2023
Foto: Norbert Lotz 26.04.2023